Deutsche Linke – Mitschuld an Krieg und Faschismus

Die Opposition der Ränder hat eine ungewöhnliche Funktion: Sie kann zwar kaum jemanden mit ihren Reden überzeugen, ihrem Schweigen glaubt aber sofort Freund und Feind. Mit ihrem Schweigen zum Faschismus in der Ukraine und der reflexhaften Verurteilung Russlands hat die deutsche Linke Faschismus und Krieg möglich gemacht.

Die NATO führt aktuell einen imperialistischen Eroberungs- und Vernichtungskrieg gegen das russische Volk. Vorerst ist es ein mit den Händen verführter Ukrainer geführter Stellvertreterkrieg. Er kann sich jederzeit zu einer vollwertigen unmittelbaren Konfrontation ausweiten, landläufig als Dritter Weltkrieg bekannt.
Das ist keine Verschwörungstheorie. Das ist die einzige mit gesundem Menschenverstand mögliche Interpretation der Ereignisse der letzten 20 Jahre rund um Russland. Sobald man sich von den „Gewissheiten“ löst, die einem das westliche Narrativ Tag für Tag einhämmert, sobald man sich die richtigen Fragen stellt und die Entwicklungen mit einem gewissen Grad an Abstraktion, distanziert und neutral betrachtet, kommt man an diesem Schluss nicht mehr vorbei.

Der Westen, nicht Russland, hat ein offen zutage liegendes Motiv für einen imperialistischen Eroberungskrieg. Europa, nicht Russland sind die Ressourcen ausgegangen, und die Möglichkeiten, Entwicklungsländer so wie zuvor über Jahrhunderte auszubeuten, werden von Jahr zu Jahr geringer.

Dadurch sinken die Profitraten der Superreichen, die über Europa und den kollektiven Westen nach Gutsherrenart herrschen. Russland war zwar bereit, Öl und Gas, Aluminium und Titan unterhalb der Markpreise zu liefern. Aber den Superreichen reicht das im Gegensatz zum Normaleuropäer und der produzierenden Industrie nicht: Die Superreichen wollen Superprofite.
Der Westen, nicht Russland hat den Status quo in Europa aggressiv verändert – erst durch die Expansion der EU und der NATO in Osteuropa. Ab 2008 begann dann die aggressive Expansion in die Ukraine, nach dem verfassungswidrigen Maidan-Umsturz installierten EU und USA im Frühjahr 2014 ihre absolut gehorsamen Marionetten in Kiew, starteten einen Bürgerkrieg im Donbass und begannen, das ehemals brüderliche Volk der Russen zu einer todbringenden, hasserfüllten Waffe gegen sie hochzurüsten.

Warum insbesondere das Eindringen des westlichen Militärblocks in den weichen, schlecht geschützten Unterbauch Russlands eine existenzielle Gefahr darstellt, haben wir schon mehrfach erklärt, das soll an dieser Stelle nicht noch einmal wiederholt werden. Hitler hätte von einer Ausgangslage für seinen Eroberungs- und Vernichtungskrieg, wie sie die NATO nun fast bekommen hätte, nur träumen können, so viel verrät schon ein Blick auf die Landkarte.
Kann man auch angesichts der deutsch-russischen Geschichte die russischen Sorgen nicht wenigstens nachvollziehen, auch wenn man sie nicht teilt?
Tatsache ist, dass die Expansion der NATO sich aus russischer Sicht gar nicht anders verstehen lässt denn als Aufstellung für den fest geplanten Vernichtungskrieg gegen das russische Volk mit dem Ziel, sich dessen Reichtümer anzueignen.

Wenn das nicht geplant ist, wozu dann dieser sture Expansionskurs gegen jede Vernunft, gegen jeden Widerstand, gegen alle Bitten und alles Flehen? Es gibt schlichtweg keine andere einleuchtende Erklärung, also (deduktive Methode!) ist die genannte wahr und richtig.

Man braucht keinen IQ von 140, um das zu verstehen. Es sind einfachste, leicht erkennbare Tatsachen und Schlussfolgerungen. Einige der deutschen Kriegstreiber, Roderich Kiesewetter zum Beispiel, haben sogar schon überraschend offen die wahren Ziele der Expansion in den Osten bereits ausgeplaudert. Und doch läuft die Diskussion in Deutschland anders, und doch haben es die NATO-Propagandisten in deutschen Mainstreammedien geschafft, das Volk der Dichter und Denker in ihrem Sinne zu indoktrinieren.

Wie konnte das geschehen?
Ein Teil der Erklärung liegt im Zustand und dem Verhalten der deutschen Linken, womit ich dieses Mal nicht nur die längst unterwanderte Partei der Restlinken meine, sondern auch scheinbare Hoffnungsträger wie Sahra Wagenknecht und ihr Gefolge. Während es zu Beginn des Ersten Weltkriegs wenigstens noch einen Karl Liebknecht gab, der sich der Staatsräson und dem Staatsnarrativ entgegensetzte und erkannte, dass der Imperialismus zu Hause in Berlin residiert und bekämpft werden muss, sind heute nahezu alle Linken in Deutschland zu „Landes-“ bzw. neumodisch „Demokratie- und Europaverteidigern“ mutiert.

Dieses Mal ist niemand im Bundestag aufgestanden und hat das Offensichtliche zu Protokoll gegeben: „Die Imperialisten sind wir.“ Ein historisch beispielloses Versagen derer, die es besser wissen könnten.

„The watchman he laid dreaming, the damage had been done. He dreamed the Titanic was sinking and he tried to tell someone.“ (Bob Dylan)
Ich nenne es die „negative Gewährsfunktion“ einer Opposition, und sie funktioniert so: Wenn ein kontroverses Thema auftritt, ein Ereignis, das noch nicht eindeutig eingeordnet ist, dann blickt die Öffentlichkeit auf die politischen Ränder. Kommt von dort nichts als Schweigen oder gar Bestätigung der offiziellen Propaganda, hat die alternative Interpretation, egal wie wahr und einleuchtend sie ist, keinerlei Chance mehr, sich gegen das staatstragende Narrativ durchzusetzen.

Natürlich folgt dem politischen Rand nicht jeder, wo und wenn er, der politische Rand, gegen den Mainstream ankämpft. Seinem Schweigen zum Narrativ, seiner Zustimmung gar, glaubt hingegen tatsächlich jeder: Anhänger wie erbittertste Gegner. Man hat sich eben beim Extrem vergewissert, und damit ist die Meinung zementiert.

Ich habe es im Frühjahr 2014 in zahlreichen Diskussionen erlebt. Sobald ich darauf hinwies, dass die rechtsradikale Partei Swoboda eine tragende Kraft der neuen Pro-Maidan-Regierung ist, kam mehr als einmal die Antwort:

„Wenn es so wäre, dann hätte deine Linke doch Wind gemacht.“

Es war wahr, Swoboda stellte mehrere Minister, sie übernahm die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine, sie bestimmte in erheblichem Maß den öffentlichen Diskurs und die Politik in Kiew mit, infiltrierte Polizei und Militär. Doch die Wahrheit hatte keine Chance und wurde fortan als „russische Propaganda“ verleumdet und rundum abgewiesen. Denn ebenso wahr war, dass die organisierte deutsche Linke keinen Wind machte. Sie schwieg dort, wo man von ihr Protest erwartet hatte, und die kurzzeitig besorgte Öffentlichkeit lehnte sich zurück: Alles in Ordnung, nicht einmal die üblichen Verdächtigen schlagen Alarm.

So schränkten die „prorussischen Extremisten“ der Linken damals den Rahmen des Zulässigen im öffentlichen Diskurs ein, und die Frage muss bis zur Öffnung geheimdienstlicher Archive unbeantwortet bleiben, ob sie es bewusst taten oder dies Nachlässigkeit war. Die erste offen und klassisch faschistische Machtergreifung in Europa seit Jahrzehnten haben sie mindestens verpennt, vielleicht sogar bewusst „durchgewunken“.

Genauso schränkt die „radikale“ und „prorussische“ Linke seit Februar 2022 die Grenzen des Zulässigen im öffentlichen Diskurs über den Ukraine-Krieg ein. Statt die russische Rechtfertigung wenigstens mit offenem Geist in Erwägung zu ziehen (haben Angeklagte kein Recht auf rechtliches Gehör mehr?), plappert jeder ehemals und jeder immer noch linke Abgeordnete gebetsmühlenartig bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit die amtlich genehmigten Formeln vom „nicht provozierten, völkerrechtswidrigen, brutalen russischen Angriffskrieg“ nach und legt Schwüre ab, dass er diesen entschieden verurteilt.
Versuchen Sie mal heute, zu sagen, sie sehen Russland im Recht. Nicht nur, dass Sie dann den Staatsanwalt am Hals haben, das auch. Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, als Antwort zu hören:
„Aber selbst die Wagenknecht nennt es doch einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg.“

Da hilft es Ihnen dann auch nicht mehr, dass Sie und nicht Sahra Wagenknecht Völkerrecht studiert haben.

Bei genauerem Hinsehen ist es übrigens Nazismus reinsten Wassers: Denn die Linken jeder Couleur sprechen dem russischen Volk in Gesamtrussland nicht nur das Recht auf präemptive Selbstverteidigung gegen die sehr wahrscheinliche künftige Vernichtung durch die NATO ab (gewiss würden sie sich dann zu ein paar Friedensdemos versammeln und um die Ausgelöschten trauern, aber was hülfe das?), nicht nur dem russischen Volk des Donbass das Recht auf Selbstbestimmung und auf völlig klassische und unmittelbare Selbstverteidigung gegen den seit 2014 andauernden Dauerbeschuss durch das ukrainische Militär, sie sprechen dem russischen Volk sogar das Recht ab, eine Stimme zu haben und gehört zu werden. Und sagen Sie mir nicht, dass das nicht ethnisch motiviert ist: Bei keinem anderen Volk, nicht einmal bei den Palästinensern, verhält sich die gesamte deutsche Linke geschlossen so.

Neulich, am Wahlsonntag in Thüringen und Sachsen, stand Wagenknecht vor den Kameras und stimmte das altbekannte Lied vom „völkerrechtswidrigen, nicht provozierten, brutalen russischen Angriffskrieg“ an. Sie meinte wieder mal, dass es Putin war, der den Krieg begonnen hat. Den Krieg, den in Wahrheit im April 2014 der selbst ernannte Staatschef der Ukraine Alexander Turtschinow begonnen hatte. Mir ist es mittlerweile egal, ob dies Lernunfähigkeit oder Lernunwilligkeit geschuldet ist. Beides sind keine Tugenden: Ignoranz und Arroganz. Und Feigheit ist von allen menschlichen Schwächen laut Michail Bulgakow ohnehin die schlimmste.

Die Wahlergebnisse des Bündnisses gleichen Namens sind Ausdruck einer tiefen Sehnsucht nach einer echten linken Partei in Deutschland. Darüber kann man sich freuen. Aber kommt mir nicht mehr mit Wagenknecht. Auch sie wird nur enttäuschen. Mich früher, andere später.