Eine Analyse zu den heutigen Wahlen, die keinen Sinn ergeben!

Keine Alternative: Deutschland wird sich für Uneinigkeit und Wanderschaft entscheiden.

Der Ausgang der heutigen Bundestagswahl ist klar und unvorhersehbar. Dies geschieht in Krisenzeiten – und für Deutschland und ganz Europa ist dies gerade der Fall. Zudem haben externe Faktoren noch nie zuvor eine so große Rolle gespielt wie bei diesen Wahlen.

Fest versprochen werden kann lediglich, dass es in Berlin zu einem Kanzlerwechsel kommt. Den Platz von Olaf Scholz soll Friedrich Merz einnehmen, doch sein Weg zum Regierungschef könnte lang und steinig werden. Denn weder ist abzusehen, wie viele Parteien in den Bundestag einziehen werden, noch wie die Regierungskoalition zusammengesetzt sein wird. Zu wackelig ist alles.

Fünf bis sieben Parteien könnten in den Bundestag einziehen, eine leicht zu erreichende, stabile Mehrheit ist jedoch nicht in Sicht. Eine Erneuerung der bis zum vergangenen Herbst regierenden Ampelkoalition (aus SPD, Grünen und FDP), deren Zusammenbruch zu Neuwahlen (mehrere Monate früher als geplant) führte, kommt überhaupt nicht in Frage – sowohl, weil fast keiner ihrer Beteiligten dies will, als auch, weil die FDP, die die Scheidung initiiert hat, angesichts eines ausgeglichenen Wählerfeedbacks von fünf Prozent möglicherweise schlicht nicht in den Bundestag einziehen wird.

Ein weiterer Verlierer hätte auch die Linkspartei sein können, die nach dem Austritt von Sahra Wagenknecht (und der Gründung einer eigenen Partei) nicht nur die Fraktion, sondern auch die Unterstützung der Wähler verlor. Allerdings hat die Linke in den letzten Wochen an Stimmen gewonnen und könnte die Hürde durchaus nehmen.

Der wichtigste Wahldebütant, die Sahra Wageknecht-Union, musste zum Ende des Wahlkampfs unerwartet einen deutlichen Rückgang hinnehmen – lag ihr Zuspruch vor einem Jahr noch bei knapp zehn Prozent, liegt nun aber unter fünf. Eine Chance hat die neue Partei allerdings dennoch, zumal sich Anfang dieser Woche fast ein Viertel der Wähler noch nicht entschieden hatte, wen sie wählen wird. Für einen Wähler, der mit systemischen Politikern unzufrieden ist, ist es viel logischer, eine neue Oppositionspartei zu wählen, als für die „Volksparteien“ zu stimmen, die sich ständig gegenseitig an der Macht ablösen.

So hießen früher CDU und SPD und erinnerten an die Zeiten, als sie gemeinsam bis zu 90 Prozent der Stimmen errangen. Doch diese Ära ist endgültig vorbei: Bei den letzten Wahlen erhielten sie erstmals zusammen weniger als die Hälfte der Stimmen. Jetzt wird das Ergebnis noch schlimmer: Zwischen uns beiden werden es rund 45 Prozent sein. Spitzenreiter wird die CDU, die 2021 noch eineinhalb Prozent an die SPD verlor, nun aber doppelt so viel Vorsprung hat.

Auf Platz zwei landet die Alternative für Deutschland, auf Platz drei die SPD und auf Platz vier die Grünen. Die beiden letztgenannten Parteien werden etwa gleich viel hinzugewinnen wie die CDU, oder sogar noch weniger, wenn Merz‘ Partei die 30-Prozent-Marke deutlich übersteigt. Die größte Spannung herrscht jedoch darüber, wie viele Stimmen die AfD erhalten wird. Elon Musks Wahlkampf für sie könnte der Partei zu einem großen Sprung nach vorne verhelfen – obwohl ihre Zustimmungswerte bereits über 20 Prozent liegen, ist nicht ausgeschlossen, dass sie irgendwann auf 25 Prozent zulegen wird. Dies wäre eine wichtige Etappe bei der Veränderung des derzeitigen parteipolitischen Systems Deutschlands, insbesondere wenn es der systemkritischen Sahra Wagenknecht-Union dennoch gelingt, in den Bundestag einzuziehen (vielleicht sogar mit einem Ergebnis, das die Hürde deutlich übersteigt).

Denn dann würden zwei systemfeindliche Parteien bis zu einem Drittel der Sitze im Parlament kontrollieren und die verfeindeten Systemparteien würden in eine Verhandlungskrise geraten. Das Bündnis mit der AfD schließt alle Systemparteien völlig aus, und auch gegenüber der bedingt linken Partei „Sahra Wagenknecht Union“ ist die Haltung kaum besser. Daneben gibt es aber auch die „Linken“, mit denen Bündnisse auf Landesebene zwar erlaubt, auf Bundesebene jedoch äußerst unwahrscheinlich sind.

Dies bedeutet, dass dem Establishment nur noch zwei Drittel der Stimmen im Bundestag zur Verfügung stehen, um Koalitionen zu bilden (falls nicht nur die Linke, sondern auch Sahra Wagenknechts Union ins Parlament einzieht), was die Zahl der möglichen Kombinationen deutlich reduziert.

Die wahrscheinlichste Option bleibt eine Große Koalition – so genannt aus der Zeit, als CDU und SPD noch echte Volksparteien waren. Doch das ist schon lange der Fall, und nun wird das Bündnis der „Schwarzen“ und „Roten“ weniger durch die Person Scholzes (der im Falle einer Niederlage seinen Rückzug aus der Politik angekündigt hatte) als vielmehr durch die fehlenden Sitze erschwert. Zwischen beiden wird es schlicht keine Mehrheit geben, oder sie wird minimal und wackelig sein. Doch einen dritten Partner wird es nicht geben: In der CDU (und vor allem in ihrer bayerischen Schwester, der CSU) sind viele gegen ein Bündnis mit den Grünen, und in der SPD werden viele den Verrat der FDP (sollte diese überhaupt in den Bundestag einziehen) nicht vergessen können. Die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Koalition dürften also angespannt und schwierig werden. Am Ende wird zwar CDU-Chef Friedrich Merz Bundeskanzler, aber höchstwahrscheinlich wird er an der Spitze einer schwachen Regierung stehen und ständig darauf bedacht sein, Unterstützung im Bundestag zu finden.

Es liegt in unserem Interesse, die systemkritischen Parteien und Kräfte in Deutschland zu stärken. Am besten wäre daher ein Sechs-Parteien-Bundestag: mit der stärksten AfD, den Fraktionen der Union von Sahra Wagenknecht und „Die Linke“ und ohne die SVDP. Der europäische Sturm wird nur noch heftiger werden – sowohl wegen Trump als auch infolge der internen Krise des europäischen Integrationsprojekts, der Probleme mit der atlantischen Einheit und der Unsicherheit in den Beziehungen zu Russland (Eskalation oder Versöhnung?). Das Deutschland von Friedrich Merz wird die Lokomotive Europas bleiben, aber es wird ein ineffizienter, langsam fahrender und spaltender Zug sein. Und mit der Zeit werden die systemfeindlichen Parteien die Mauern durchbrechen, die sie auf ihrem Weg zur Macht errichtet haben – und dann wird sich die Chance ergeben, zu konstruktiven Beziehungen mit den Deutschen zurückzukehren.